
Caritas: Familie wichtigster Baustein für Integration
Im Vorfeld des "Weltflüchtlingstags" (20. Juni) hat die Caritas Österreich erneut die Fortführung der von der Regierung per Notverordnung ausgesetzten Familienzusammenführung sowie eine "Integration ab dem ersten Tag" gefordert. "Das Recht auf Familie ist ein Menschenrecht", betonte Generalsekretärin Anna Parr am Mittwoch in einer Aussendung. Es gebe keinen "echten Notstand", der den Familiennachzug rechtfertigen würde, denn sowohl Asylanträge als auch Anträge auf Familienzusammenführung seien rückläufig. Zahlreiche Studien belegten zudem, dass die Trennung von Partnerinnen und Partnern sowie ihren Kindern nicht nur psychisch stark belaste, sondern auch nachweislich die Integration hemme.
"Familie gibt Halt und ist der wichtigste Baustein für gelingende Integration", so Parr. Niemand baue sich ein Leben auf, wenn die eigene Familie fehle. Österreich habe kein Überlastungs-, sondern ein Planungsproblem, wie die Caritas anhand aktueller Zahlen verdeutlichte: 2024 wurden 25.360 Asylanträge gestellt - weniger als halb so viele wie im Jahr zuvor (59.232). Bis Ende April 2025 waren es 6.056 neue Anträge. Auch bei der Familienzusammenführung ist ein Rückgang zu verzeichnen: 2023 gab es rund 9.300 Anträge, 2024 waren es 7.700, heuer bisher 538.
Versäumte Planung und Umsetzung
Der Familiennachzug sei besser steuerbar als jede andere Form der Migration, da sowohl Anzahl als auch Ankunftszeitpunkt der Angehörigen den Behörden bekannt seien. "Mit diesem Wissen kann etwa geplant werden, wo Kindergarten- und Schulplätze gebraucht werden oder welche Integrationsangebote nötig sind", erklärte Parr. Österreich habe kein Kapazitäts-, sondern ein Umsetzungsproblem. Obwohl es im Regierungsprogramm heiße, "Integration soll ab dem ersten Tag beginnen", finde keine ernsthafte Integrationspolitik statt, kritisierte sie.
Konkret brauche es eine faire Verteilung der Asylsuchenden, ein flächendeckendes Angebot an Sprachkursen, Jobchancen, Wohnraum sowie leistbare Mobilität - etwa um Deutschkurse oder Arbeitsplätze erreichen zu können. "Wir sehen keinen Zusammenhang mit der überschaubaren Anzahl von Personen, die über die Familienzusammenführung kommen, sondern vielmehr ein strukturelles Versäumnis bei der Planung notwendiger Integrationsangebote", so Parr weiter.
Altbekannte Herausforderungen
Auch zur Situation im Bildungssystem nahm Parr Stellung: "Lehrkräftemangel, zu wenige Schulplätze, fehlende Ressourcen - das sind Herausforderungen. Sie sind jedoch nicht neu." Die Lage sei zudem differenziert zu betrachten: Tirol und Vorarlberg hätten ausdrücklich erklärt, dass ihre Bildungseinrichtungen nicht überlastet seien. Nur Wien habe eine überdurchschnittliche Zahl an außerordentlichen Schülerinnen und Schülern gemeldet.
Personalmängel seien durch demografische Entwicklungen wie Pensionierungswellen und einen hohen Anteil an Teilzeitverträgen in den vergangenen Jahren entstanden. "Diese wurden nicht durch Geflüchtete verursacht", betonte Parr. In der öffentlichen Diskussion entstehe dennoch der Eindruck, Ehepartnerinnen, Ehepartner und Kinder Geflüchteter seien für Probleme verantwortlich, "die es in unserem System schon lange gibt".
Quelle: kathpress